Meist gelesen auf VRT Nachrichten  
Wer wir sind
Was wir tun
Einblicke
Nachricht
Karriere
Vordenkertum

Inhaltsverzeichnis

Die Zukunft der Industrie 4.0-Transformation mit Francisco Betti

Vordenkertum |
 25. Februar 2022

Vor 2020 galt Industrie 4.0 für die meisten als spannendes Thema mit großem Nutzenpotenzial – aber nicht als unmittelbares Problem. Ein Beispiel: Nur 51 Prozent der Hersteller verfügten 2019 über eine Industrie-4.0-Strategie.

Diese Zahl ist seitdem sprunghaft angestiegen und erreichte 2020 311 TP3T. Angesichts der größten Gesundheits- und Wirtschaftskrise des Jahrhunderts wurden die Hersteller wachsam und erkannten die Bedeutung der Digitalisierung für die Aufrechterhaltung der Geschäftsstabilität und -kontinuität. COVID-19 hat die Fertigungslandschaft nachhaltig verändert, und Unternehmen, die weiterhin relevant bleiben wollen, müssen jetzt und nicht später mit ihrer Transformation beginnen.

Wir treffen uns mit Francisco Betti, INCIT-Vorstandsmitglied und Leiter der Plattform zur Gestaltung der Zukunft fortschrittlicher Fertigung und Wertschöpfungsketten beim Weltwirtschaftsforum (WEF), um herauszufinden, wie seiner Meinung nach die Zukunft der globalen Fertigung aussehen wird und wie INCIT dazu beiträgt, diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen.

Francisco Betti – INCIT-Vorstandsmitglied und Leiter der Plattform zur Gestaltung der Zukunft fortschrittlicher Fertigung und Wertschöpfungsketten beim Weltwirtschaftsforum

Über Industrie 4.0 wird schon länger gesprochen, doch die Akzeptanz scheint nicht optimal. Warum?

Rund 70–75 % der Fertigungsunternehmen stecken noch in der Pilotphase fest. Sie testen neue Lösungen und Anwendungen, sehen aber noch nicht die Auswirkungen von Industrie 4.0. Meistens liegt das daran, dass dem Unternehmen eine klare Vision oder Strategie für die Transformation fehlt. Um einzelne Technologien herrscht viel Wirbel, und es ist wichtig, sich vom Hype zu lösen – bei Industrie 4.0 geht es nicht um isolierte Innovationen. Es geht darum, die optimale Technologiekombination zu finden, um ganz spezifische betriebliche oder geschäftliche Herausforderungen zu meistern.

Hinzu kommt die Frage der digitalen Kompetenz. Hersteller müssen ihre Mitarbeiter weiterbilden oder umschulen, damit sie mit der neuen Technologie vertraut und sicher umgehen können. Die anfänglichen Investitionskosten der Transformation wirken sich für Unternehmen oft abschreckend aus. Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass Industrie 4.0 ein langfristiges Projekt ist – die Früchte werden sich möglicherweise nicht schon im nächsten Quartal ernten.

Hersteller stehen heute unter dem größten Druck der jüngeren Geschichte, ihre Produktivität zu steigern und gleichzeitig die Kosten zu senken. Deshalb müssen sie der Transformation zur Industrie 4.0 jetzt mehr denn je Priorität einräumen.

Die Digitalisierung ist dringend erforderlich, um die Effizienz zu steigern, Agilität aufzubauen und die nötige Widerstandsfähigkeit zu erreichen, um auf die nächste pandemieartige Krise zu reagieren. Hersteller müssen jedoch zunächst ihre Ausgangslage verstehen, sich selbst vergleichen und die richtigen Partner finden – von Technologie- und Lösungsanbietern bis hin zu Universitäten, Regierungen und internationalen Organisationen. INCIT, die neue unabhängige, gemeinnützige Organisation, die gegründet wurde, um das Smart Industry Readiness Index-Programm weiterzuentwickeln, ist bestens positioniert, um dabei zu helfen.

Wie unterstützen andere Teile der Lieferkette und des Ökosystems die Transformation zur Industrie 4.0?

Eine vollständig vernetzte Wertschöpfungskette ist entscheidend für den Erfolg von Industrie 4.0. Es geht nicht nur darum, die eigenen Anlagen zu digitalisieren – deshalb haben viele größere Hersteller begonnen, auch ihre Zulieferer in den Transformationsprozess einzubinden. Dies ermöglicht nicht nur Produktivität, Effizienz und Wachstum, sondern auch die Ermöglichung neuer Geschäftsmodelle.

Auch Regierungen können vom Ökosystem der Industrie 4.0 profitieren, sowohl im Hinblick auf Wirtschaftswachstum als auch auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, und eine aktive Rolle bei der Beschleunigung des Übergangs spielen – sei es durch die Entwicklung besserer politischer Maßnahmen, die Stärkung der Fördermechanismen oder die Schaffung von Anreizen für die Digitalisierung.

Der Smart Industry Readiness Index ist ein leistungsstarkes Instrument zur Beschleunigung der Transformation. Klare Rahmenbedingungen, Tools und Bewertungen, die auf internationalen Benchmarks basieren, helfen Herstellern und Regierungen, klarere Einblicke in ihre digitale Reife, ihre Position im Wettbewerb und die Verbesserungsmöglichkeiten zu gewinnen.

Der Smart Industry Readiness Index entwickelt sich zum internationalen Standard für die Transformation zur Industrie 4.0 in der Fertigung. Was treibt seine weltweite Verbreitung voran?

Vor vier bis fünf Jahren stellten wir fest, dass die meisten Unternehmen bei ihren Transformationsbemühungen noch immer feststeckten. Es wurde Teil der Mission des WEF, der globalen Fertigungsbranche zu einem besseren Verständnis der Herausforderungen und Chancen zu verhelfen und neue Kooperationen und Initiativen zu fördern, um die Transformation der Branche zu beschleunigen.

Das Singapore Economic Development Board (EDB) ist ein sehr aktiver Partner des WEF. Wir arbeiten seit fast 40 Jahren eng mit ihnen zusammen. Als sie den Smart Industry Readiness Index entwickelten und ihn mit so großem Erfolg in Singapur einführten, dachten wir beide, es wäre großartig, das Tool weltweit verfügbar zu machen. Wir haben ein ganzes Jahr lang eng zusammengearbeitet, um den Smart Industry Readiness Index von der nationalen auf die globale Ebene zu skalieren.

Als immer mehr Unternehmen an Bord kamen, wurde der Unterschied, den der Smart Industry Readiness Index bewirkte, deutlich. Er ist ein einzigartiges Tool, da er Bereiche identifizieren kann, in denen sowohl unternehmensweite Interventionen als auch Ökosystem-Kooperationen am dringendsten benötigt werden. Er ist nicht nur für Unternehmen äußerst hilfreich, um ihre Pläne anzupassen, sondern auch für Regierungen, um zu erfahren, wie sie ihre lokale Fertigungsbranche unterstützen können.

Um den Smart Industry Readiness Index in den kommenden Jahren weiter auszubauen, benötigten wir eine eigene Organisation und ein engagiertes Team. Deshalb wurde INCIT gegründet. Das INCIT-Team arbeitet bereits mit der globalen Fertigungsbranche zusammen, um die Einführung des Smart Industry Readiness Index zu beschleunigen und neue Tools zu entwickeln.

Wie wird Ihrer Meinung nach der Fertigungssektor in drei bis fünf Jahren aussehen?

Ich erwarte, dass die Fertigung der Zukunft deutlich nachhaltiger und inklusiver wird, und Industrie 4.0 wird dabei eine entscheidende Rolle spielen. Die globale Fertigungsbranche wird im Kampf gegen den Klimawandel und für soziale Inklusion eine wichtige Rolle spielen, und ich bin überzeugt, dass die Digitalisierung es den Herstellern ermöglichen wird, diese umfassenderen ESG-Ziele zu erreichen. Es gibt bereits viele Anwendungsfälle, in denen Industrie 4.0 effektiv zur Reduzierung von CO2-Emissionen und Wasserverbrauch beiträgt und gleichzeitig die Energieeffizienz und Arbeitssicherheit erhöht.

Mit dem Smart Industry Readiness Index sind Unternehmen besser über die nächste Phase ihrer Transformationsstrategie informiert, um die Einhaltung dieser Ziele und die Erfüllung der Stakeholder-Erwartungen sicherzustellen. Wenn es uns gelingt, den Smart Industry Readiness Index weltweit einzuführen, können wir als globale Fertigungsgemeinschaft – nicht nur Unternehmen, sondern auch Regierungen – gemeinsam die richtigen Investitionen tätigen, um den Fortschritt hin zu einer nachhaltigeren und gerechteren Industrie weiter zu beschleunigen.

Artikel teilen

LinkedIn
Facebook
Twitter
E-Mail
WhatsApp

Schlagwörter

Artikel teilen

LinkedIn
Facebook
Twitter
E-Mail
WhatsApp

Inhaltsverzeichnis

Schlagwörter

Mehr Thought Leadership